Freitag, 21. August 2015

Es kommt nicht auf die Höhe an

Es kommt nicht auf die Höhe an - das habe ich jetzt gelernt. La Paz ist ja schon auf 3800 Metern, aber wenn man oben in El Alto ankommt, hat man nicht das Gefühl, irgendetwas erreicht zu haben. Dann bin ich morgens auf einen Berg gestiegen in einer anderen Region, Coroico, und als ich nach 2 Stunden Klettern schließlich auf einem 2480 Meter Berg war, fühlte ich mich wie der König der Welt. Das waren nur ein paar hundert Meter nach oben, aber dadurch, dass ich selbst hochgestiegen bin, fühlte es sich richtig hoch an.

Also, hab ich mir gedacht, also kommt es ja gar nicht darauf an, wie hoch man ist, oder wieviel man kann, sondern wieviel man sich angestrengt hat - auch in Mathe :). So war ich also bei meinen Schülerinnen und Schülern und habe versucht zu sagen, dass es wunderbar ist, wenn sich jeder bis zum Abi um zwei drei Notenpunkte verbessert und dass es nicht darauf ankommt, überall eine Eins zu haben - sondern auf die eigenen Ziele. Selbst Studieren wäre nicht das allerwichtigste - es gibt sooo viele verschiedene Wege und Möglichkeiten. Kann man das hier sagen? Wo doch überall Bildung der Schlüssel zur Welt ist - aber welche Bildung?

Nach Knowmads, nach der Waldorfschule und nach allen Tagungen, die ich besucht habe, glaube ich immer mehr, ich müsste eine eigene Schule gründen, bevor ich Lehrerin werde. In dieser Schule würde man Tee trinken und über die eigenen Ziele und Erfahrungen sprechen. Man würde träumen und wünschen und am nächsten Tag schauen, wie man diese schöne Welt, die jeder innerlich hat, in die Realität umsetzen kann, wo die eigenen Fähigkeiten liegen und was der konkrete nächste Schritt ist. Weil jede Mühe sich lohnt.

Montag, 10. August 2015

La Paz

"That's it, baby", sagte eine überaus entspannte Dame von American Airways, als sie mein Ticket in Miami einscannte. Ich fühlte mich ungewöhnlich klein, freute mich aber, dass die lange Wartezeit am Umschlagbahnhof Nord-Südamerika vorbei war. Nach einem 18 stündigen Tag schlief ich ein, Kopf an Flugzeugfenster.

Im Landeflug auf La Paz zeichneten sich plötzlich riesige schwarze Berge gegen einen rotgestreiften Himmel ab. Ich wollte ein Photo machen, hatte aber kein Smartphone. Unter mir die Lichter. 'Egal wie kalt es dort unten ist, ich liebe diese Stadt jetzt schon', schoss es mir durch den Kopf.

La Paz ist ein Häusermeer - umsäumt von Bergen. Mein Schulweg beginnt morgens mit einstündiger Seilbahnfahrt durch die Stadt. Man sieht von oben auf die Häuser, die Gärten, Wellblechdächer dicht gebaut an Glas und Stacheldraht, Swimmingpools direkt neben steilen Abhängen in denen die Hunde nach Abfällen wühlen. Viele Hunde - auch nachts. Ansonsten ist die Stadt eher ruhig. Ich fühle mich sicherer als in Berlin. Wann immer die Leute 'buenas dias' oder 'buenas tardes' sagen, grüße ich herzlich zurück. Die Sprache will ich lernen, bis ich zurück bin! Alles geht etwas langsamer, ich atme öfter, mein Körper gewöhnt sich an die 4000 Meter Höhe. Mit der Sonne um die Wette bringt mich der Teleferico ins Tal. Wie bei allen Änderungen in Bolivien gab es auch hier große Proteste, als das neue Beförderungssystem eingeführt werden sollte. Ich weiß nicht, warum hier so wenig Touristen sind - so entspannt und freundlich wie die Leute sind - und so engagiert! 'Wenn ihnen etwas nicht passt, gibt es eine Straßenblokade, bis sie kriegen, was sie wollen', erklärt mir meine Schwester, die schon länger hier wohnt. Ist es, weil Peru und Chile das Meer bekommen (geholt) haben? Weil Argentinien und Brasilien größer sind? Weil es hier politisch eher ruhig ist? Ich weiß es nicht. Gerne würde ich länger bleiben und alles kennenlernen - es gibt ach gute Unis...

Aber erstmal ankommen und die leicht süßliche Luft atmen, die mich an Indien erinnert. Die Fahnen wehen sehen und den Hunden beim Bellen zuhören, den Sonnen Auf- und Untergang von La Paz bestaunen und rechtzeitig (um 7:50h) zur Schule kommen. Mit dem Teleferico von Doppelmayr und den vielen verschiedenen Menschen von La Paz, wo ich mich ungewöhnlich groß fühle.

Man sagt nach dem Zusammensitzen einfach 'danke'.