Donnerstag, 27. März 2008

Boarding now at gate nr. 9

Ich bin muede. Aber soweit ich weiss ist das gar keine schlechte Vorraussetzung zum Schreiben (vielleicht weil man dann in weniger klaren Saetzen denkt). Und endlich wieder ganz ruhig im Internet. jetzt komm ich zum Maillesen: Jonas, der ein gutes Stueck mit mir gereist war, schreibt von Deutschland "Bleib wo Du bist!", Ulli hat etwas Geld auf seinem Konto rumliegen, das er mir gern zu diesem Zweck leihen wuerde - lese ich in der naechsten Mail. Und Caspar sagt schliesslich, ich solle mich bei meinen Entscheidungen bloss nicht nach ihm richten und als Maripar oder was zurueckkommen. Aber jetzt bin ich schon in Dubai. Wahrscheinlich war ich einfach nur zu doof, den Flug umzubuchen, mich ums Geld und sagen ich komm paar Wochen spaeter zu kuemmern - andre Verpflichtungen hab ich wirklich nicht (soweit ich weiss). Es macht mir ein bisschen so das Gefuehl von einfach machen ist selten so leicht wie jetzt im Leben. Ich kann theoretisch tun, was ich will (wie ich bei der Pakistanideeumsetzung gemerkt habe) und habe nur eine Sorge: Ich weiss gar nicht was ich will. Jaha, das ist nicht komisch! Manche wollen Taenzerin werden oder Lokomotivfuehrer. Andere wollten schon immer mal in Ghana unter einer Palme gesessen haben (so es die da gibt). Ich habe mich nie so nach was hingefuehlt. dann bin ich nach Pakistan gegangen, jetzt komm ich zuerueck. Und? Veraenderung? "gehoert das irgendwie zu deiner Ausbildung, Studium hm?" Hmmm, ja!

Nehmen wir mal Dubai, wo ich mich gerade so schoen aufhalte: Da frag ich mich nicht mehr wie vor sechs Monaten, ob das denn nun Delhi ist oder wo ich denn nun gelandet bin. Auch fallen mir keine dunklen Maenner in weissen Gewaendern mehr auf, sondern viele viele weisse Gesichter in Jeansgewaendern, die mir irgendwie so bekannt vorkommen. Ganz zu schweigen von den verschwundenen Traurigseigefuehlen, wenn ich eine Frau in Burka seh. Da hat sich ein Haufen Sympathie bei mir angesammelt in den letzten Monaten. Eigentlich wuerde ich gern mit ihnen in die kleine Flughafenmoschee gehen und ein subhan Allah, Allah hu akbar und Allham dullilah beten...

Wie schnell man aber auch aus einer Kultur gerissen werden kann, das ist wirklich unverschaemt! eben war ich noch besonders, weil weiss und gleichzeitig Pakistani. Bald denken die Leute nur was das Maedchen fuer komische Kleider anhat und warum sie bloss acca und thik hae sagt. Dann will ich wieder zuerueck! Wenn nur die Deutschen ein bisschen Indisch oder Pakistanisch waeren und nicht so verschlossen und steiff. Sich mal auf der Strasse anrufen mit "hee Bruder, wo faehrst Du hin?" oder im Bus, im Cafe, immer wie eine Familie, nicht mit dem Blick "warum sprichst Du mit mir, wir kennen uns doch gar nicht!". Wo kommt das her? die denken im Orient echt, wir sind nur "selfish". Aber ueberleg mal, Du bist in so einer Famielienkuemmerkultur aufgewachsen und dann kommt eine aus Europa und erzaehlt Dir, dass sie da ihre Eltern einfach alle in ein Heim stecken wo sich dann Aertzte und Pfleger drum sorgen sollen. Hallo, ein Artzt kann meiner Mutter doch gar nicht die Liebe geben, die sie jetzt braucht (hat Ravi darauf ganz erschuettert gesagt). Du machst das aber nicht Maria, ok? thik hae.
Die naechste Enttaeuschung fuer ihn war, dass ich so viel aufschreiben musste. "Was macht denn das fuer einen Sinn? Willst Du etwa morgen lesen, was Du gestern gemacht hast? hey, wir leben heute, hoer jetzt auf so mit deiner Denkerei!"
Ja, so verschieden ist das alles. So verschieden bin ich geworden in mir und versuch einfach nur das Lachen und "don't worry" mitzunehmen und aufzuheben. Ich glaub, das koennen wir ganz gut gebrauchen. Ich hab gehoert bei uns schneits...

Freitag, 21. März 2008

jetzt, am Ende der Reise, bin ich dort, wo ich anfangen wollte: Darhamsala. bzw in der Stadt darueber, wo alles Tibet ist, denn hier wohnt der Dalai Lama. Von den Aufstaenden drueben habe ich gerade erst gehoert und sehe nun draussen die Moenche sitzen mit der Flagge. Auf ihrer Stirn "free Tibet" geschrieben. Indien ist nicht nur voll von verschiedenen Religionen (hier sind auch viele Israelis, die fed up with military sind) sondern auch Kulturen - ja sogar sprachen. Hier gilt mein Hindi nix mehr. Als ich mit dem Zug aus Rajastan fuhr, ging die Sonne noch in der Wueste unter, mein Fuss tat weh, weil ich so unforsichtig schnell durch die Duenen gerannt bin und da Kakteen und alles war. Und dann wach ich auf und bin am Fuss des Himalaya. Ausversehen kam ich nicht sehr tief in die Berge, weil ich den falschen Bus genommen hab in Shimla, aber ich war ja auch net weit in der Wueste und so passt es ganz gut. Meine Tour ist eigentlich eh viel zu durch. Jetzt bin ich mit Ravi dem Touristenfuehrer unterwegs, der immer wieder lacht, wie ungeplant ich hier rumreis. Dafuer lern ich von ihm aber auch sanskrit und eine Menge ueber die Dinge hier im Land, dass ich sie besser versteh... Aber jetzt ist mein Geld alle und reicht net mal mehr fuer ien ordentliches Bloggeschreibe. Bald bin ich wieder in Lahore, trinke vielleicht noch einen Tee in Roshni und dann ist alles gut :)

Freitag, 14. März 2008

Varanasi

Und schon bin ich da: bunte Saris, Drachen ueber dem Ganges, langsam vorbeiziehende Hippies und blumenverkaufende Kinder - es ist wieder, wie man sich Indien vorstellt. Da ich nun wirklich mitten im Land bin, komm ich mir schon so wie ein Sightseer vor und wuensche mir manchmal einfach in Ruhe bei einer Familie zum Chae eingeladen zu sein, statt von einem Shop in den naechsten gerufen zu werden "Madam, you like? very cheap prize, I love the people, you know.." Dann lasse ich mir eben vom Seidenhaendler einen Tee geben und die uebliche Pakistan-Befragung kann auch hier stattfinden und interessant sein. Vor allem dann, wenn sich die Security-dienste um uns schaaren, die Wachmaenner und Keksverkaeufer um mein "Pakistani log bahaat acca haen!" zu hoeren und zuzustimmen oder eben auch nicht (denn das heisst Pakistanis sind gute Leute). Aber die meisten von ihnen haben wiklich keine Idee vom Leben in Pakistan und denken nur an Terror und Crime, wenn wir darueber reden. Das ist noch ein Haufen Arbeit...

Freitag, 7. März 2008

Same same but different

Mir gehts wieder prima. Leider bleibt kaum Zeit und Moeglichkeit fuer Internet/Telephon schon gar nicht, da ich grad mit Medizinstudenten der IPPNW unterwegs bin, den Atomkrieg zu verhindern. Jetzt beginnt der Kongress in Delhi und wenn ich nicht immer so muede waer, waere alles superinteressant (vielleicht doch ein Medizinstudium, Maria?). Beim Botschaftsspiel war ich diesmal nicht so gut, aber ich denke, es klappt. Wenn ich das habe, gehe ich wahrescheinlich nach Rajastan in die Wueste, wo uns einer Kamele organisiert - oder doch in den Norden? Am 22 ist hier das Farbenfestival, danach geh ich wieder ueber die Wagah Border und bin noch ein bisschen in Lahore, weil das ja doch meine Heimat geworden ist! Hier vertrete ich Pakistan mit Shalwar kameez und Hindi, was eigentlich Urdu ist (aber das darf man nicht laut sagen) und versuche die Pak-Indien Beziehungen zu verstehen. Eine Studentin meinte schon, die Pakistanis haetten kein gutes Herz, aber das halte ich fuer ein Geruecht...

Als ich mit Sophia ueber die Grenze lief (ganz schoen arg mit Stacheldraht und allem), hatten wir erstmal einen Kulturschock der anderen Art: nicht die Armut oder der Muell, was uns erschrocken haette, sondern die ganze Multikultur, Auslaender in Miniroecken, dass ich gedacht habe "koennen die sich nicht richtig anziehen?". So schnell gewoehnt man sich eben an einen Zustand. Als ich die erste Frau mit Roller gesehen habe, war ich richtig froehlich und musste gleich sagen "guck mal, guck mal Sophia, da faehrt eine selbst!!" Da lachte sie nur und meinte "sag diesen Satz mal in Deutschland, Maria!"
So und Jetzt muss ich wieder zum naechsten Workshop, weil ich ja doch nichts verpassen will. Namaste ji (allah gilt hier ja nicht)

Samstag, 1. März 2008

Allah hafiz

Das Leben in Roshni hat sich, bis auf die Tatsache, dass die Jungs nun mit uns an einem Tisch essen, warhscheinlich kaum geändert in den letzten fünf Monaten – aber meine Wahrnehmung davon.
Abschied ist etwas komisches und dauernd kommen einem Gedanken, die man für wichtig hält. Dann wieder gemischte Gefühle, geschüttelt, nicht gerührt.

Gerührt bin ich, als das Puppenspiel in der Schule fertig ist, die Schüler alle hochgucken und warten, was nun passiert, und da ich keine großen Worte mehr zu sagen hab und meine drei Urdu Sätze schon raus sind, sag ich „I am a little Teapott“, was mein absolutes Lieblingslied mit der 2. Klasse war. Und dann stehen sie alle auf, wie im Club der Toten Dichter und singen es noch einmal. Bei „lift me up and pour me out“ machen sich die Kinder ganz krumm und kichern (denn dann wird der Tee ausgeschenkt). Die Muffins sind verteilt, die in aller Eile gebastelten Papiergeschenke der Schüler in meinem Rucksack verstaut, die Puppen sind von der Bühne. Dass es so ein runder Abschied wird, hatte ich Anfang der Woche nicht geglaubt. Weniger noch vor zwei Monaten, als ich mir dachte, ich werd einfach irgendwann gehen. Und jetzt umarmen mich alle Kinder, sagen geh nicht, teacher und ich versinke in einem Meer von Armen und Händchen, schließlich auch Küsschen ins Gesicht und kann gar nichts mehr tun. Geht jetz! Bas, weg mit euch. Ich schiebe sie zur Türe raus, drück mich schnell in den Bus und winke nach hinten. Die Kinder rennen in alle Richtungen über die staubigen Straßen jeweils in ihr Dorf, lachen und winken dabei, bis ich wieder in Roshni bin, wo der Abschied von den Betreuten schon wartet.