Samstag, 2. Februar 2008

Nur zu Besuch

Vielleicht etwas spaet zum Schreiben, aber was soll man machen um die Zeit in Lahore? Und dann ist es ja auch so, dass es sich am besten schreibt, wenn einem danach ist. Steht da unten eigentlich, dass ich net mehr schreiben koennte? Na gut. Es was also so, dass ich letztes We bei Simi der Viertklasslehrerin zu Besuch und von der Gastfreundschaft dieser Familie wieder so verwirrt war, dass ich schon saemtliche Saetze fuer den Blog ausformuliert hatte in meinem Kopf - dann aber unter der Woche wieder so sehr beschaeftigt war mit dem was man Alltag nennt dass nichts davon in die Tastatur gelangen konnte. Das mit den Photos muss auch noch nachgeholt werden! Da ich aber kein allzugrosser Fan von Nachholen in diesem Sinne bin, kommt was ich gestern und heute erlebe zuerst.

Wir sind Mit Lukas, einem Volu aus Oesterreich (Mentalitaet ganz dementsprechend*) in Lahore unterwegs. Matze, Samir und ich, auf dem Motorrad sind das also vier. Oder zwei und die zwei andern in der Rikscha. So gehen wir seit Freitag von a nach b, schauen einen guten Film aus dem Iran, hoeren ein Sitar-Taba Konzert (traditionelle Musik) und im Anschluss ganz untraditionelle Musik an einem wiederanderen Ort, bis wir bei Hotel California sind und ich mit einem Cappuccino in der Hand (wer hat mir den eigentlich bestellt?) schon denke, das koennte auch Europa sein - oder Amerika oder woimmer.
Woran ich dann merke, dass ich doch in Pakistan bin ist, dass ich beinahe die einzige Frau im Raum bin und entsprechend ueberraschte Blicke ernte. Das ist aber auch alles. Angesprochen werde ich kaum und das ist vielleicht ganz gut so - ich habe mein Bekanntschaftsinteresse hier etwas runtergeschraubt, weil es meistens doch nur darin endet, dass man erzaehlt, wies der Familie (die der andre ja gar net kennt) geht, dass ich nicht zu Wort komme, weil der/die Gegenueber so sicher im Reden ist, oder dass ich eh ich mich verseh irgendjemandes bester Freund bin, und dass ich mir ueberlegen muss, ob ich diese Unterhaltung ueberhaupt fuehren sollte oder lieber mich umdrehn zu meinen Jungs um deren Reden folgen und meine eigenen Gedanken zu machen... So geschieht es also, dass nicht nur jeder Deutsche, den ich hier treffe irgendwie familiaer wirkt, sondern auch jeder andere Auslaender. Mit dem Australier habe ich nur ein paar Worte wechseln muessen und schon gemerkt, wie anders sich das anfuehlt, weil er es gewohnt ist, mit Frauen, mit Reisenden, mit jedem eben zu reden. Zuhoeren. Aber darin kann ich mich ja nun ueben. Und dann (wenn man das kann) werden auch die Gespraeche mit den Einheimischen superinteressant. So waren wir gestern beim Chan-bhai (Talat Bilal Achmet Khan oder so mit ganzem Namen, aber jeder kennt ihn als den Mondbruder) zuhause und haben lange Saetze ueber Das Pakistanische Volk, seine Geschichte, die Gruende fuer den Hass auf bestimmte Gruppen usw usf gehoert, was ich hier nicht ausfuehren moechte, weil das spannende wieder nicht blogtauglich ist (wir koennen ja mal telephonieren). Aber das war wirklich jemand, der hier leibt und lebt. Chan-Bhai hat um die Ecke einen Laden und ist also einer der vielen Shopkeeper, die ich sonst im Vorbeifahren an der Strasse sitzen sehe und mich frage, was fuer ein Leben dahinter ist. Jetzt habe ich immerhin eine kleine Idee davon. Auch, weil ich lange mit seinen Frauen gequatscht habe. Nicht, dass er mehrere Frauen haette - das weiss ich nicht, aber wegen der Bharda (Abstand von den Maennern) waren Frau und Mutter und Oma und Tochter und Hausmaedchen und und und im hinteren Teil des Hauses versammelt, welchen unsre drei Jungs nun nicht betreten durften. Aber ich darf doch, oder? Ja, endlichmal was, was ich darf eben weil ich Frau bin! Und obwohl es wieder die anderen waren, die mich unterhalten haben (dabei bin ich glaube ich gar nicht redefaul oder so) und sich die Frauen ironischerweise noch bedankt haben, dass ich ihnen von meiner Kultur und meinem Leben so viel ins Haus gebracht habe (wo ich doch gar net dazu kam), war ich wirklich geruehrt und habe mich nach laengerhierbleiben gefuehlt - zumal die 18 Monate alte Tochter mich ganz strickt dazu angehalten hat (deutet auf den Stuhl, und sagt ich solle mich bitteschoen wieder setzen). Und dann das Hausmaedchen Muqqadaz vom Dorf, die den guten Tee gemacht hat und mit mir Tiddeli hun mae Tiddeli hun gesagt hat, was ein wirklich suesses Gedicht aus der Schule ist. Schliesslich hat sie mich umarmt (in der Kueche, wo es die anderen nicht gesehen haben), die alten Frauen haben mir ihren Segen gegeben Und die Jungs im Vorderzimmer mein Abendessen, Naan und Kabab was scharf aber echt gut ist.

Und nun sind die Konzerte vorbei, wir sind bei einem eher reichen und gut englischsprechenden weilinUSAundAfrikaaufgewachsenen Freund von Lukas gelandet, haben heute wieder eine Menge verschiedener Caes getrunken und sind dementsprechend muede. Dabei glaube ich, es sind eher die Erlebnisse, dei Muede machen. Muede und wach. Und schreibfreudig.

*bist Du hier eigentlich reise- oder krankenversichert oder so? - ja, ich hab da was, weiss aber nicht so genau wofuer, ist irgendwie Berufsrisiko!

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