Freitag, 17. Juni 2016

Paradiesvoegel

Die Lichter der Stadt gehen an. Dharamkot ist ein kleines Doerfchen am Fusse des Himalayas, das zwischen zwei hohen Bergen liegt, nicht im Tal sondern eher am Hang. Unter uns ist Dharamsala, wo der Dalai Lama wohnt und wo viele Tibeter zuhause sind. Morgens hoert man die Voegel zwitschern und abends singen die Leute in den Strassen, entweder Mantras oder Bollywoodlieder. Ich musste sofort an Philipp denken, als ich hier herkam, der mir vor acht Jahren begeistert gesagt hat, wenn du in der Gegend bist musst du nach Himrachal Pradesh gehen, das ist das schoenste auf der Welt!!!

Ich bin kein Fan von Superlativen, aber als ich gestern am Wasserfall war, kam mir genau der Gedanke: Das ist das Schoenste, was ich je gesehen habe! Da war nichts. Nur ein kleiner Teastall, riesige Steine, glasklares gruenes Wasser und eine weite neblige Landschaft in der Tiefe. Ich hab gebetet und war dankbar, das ich so weit gekommen bin. Hier kann man alles machen - es ist auch ein bisschen komisch. Von Vipassana ueber Shamanic Sessions, Rebirthing, all kinds of Yoga bis zu Ayuwaska nehmen oder alles zusammen. Viele Israelis sind hier, natuerlich, aber auch einige Deutsche, Franzosen, Inder und Englaender. Es ist lustig, sich zu treffen und die ganzen Reisegeschichten zu hoeren. Ich verliere langsam meine Vorurteile gegenueber Touristen - alle sind anders, ich bin eine davon. Mein Handy wurde fuer einen Tag geklaut und kam dann wieder zu mir zurueck. Ich war zwei Tage krank, habe drei Spritzen bekommen und wurde von Hannes quer durchs Dorf getragen. Langsam kann ich wieder Chae trinken und ich merke, dass es Zeit wird, aufzubrechen. Die zehn Tage Einfuehrung in den Buddhismus habe ich gecancelt, weil ich weiter moechte nach Leh (das ist noch mehr in den Bergen). Einer sagte zu mir beim Teetrinken: Why should we sit inside and breathe if we can see this amazing Nature, und deutete auf die Berge vor uns.

Am schoensten - nach der Natur - sind die vielen verschiedenen Kleider. Die Frauen tragen Shalwarkameez, die Touristinnen wilde Seidenroecke und Traegertops. Mit ihren Federn in den Haaren, Armbaendern, Tatoos aus diversen Stationen ihres Lebens und meistens einem bunten Punkt in der Mitte ihrer Stirn sehen sie manchmal aus wie etwas verlorene Paradiesvoegel. Ich trage jeweils abwechselnd eines meiner fuenf Shalwarkameez und kriege viele Komplimente und Fragen, woher ich das habe, warum ich Hindi spreche und warum ich in Pakistan war. Es ist schoen, die Geschichten zu verbinden. Und es is schoen, Geschichten zu erzaehlen.

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